Jean François Champollion

Geburt am 23.12.1790 um 2 Uhr morgens in Figeac, einem kleinen Städtchen in Südfrankreich.

Noch zu Beginn des Jahres war die Mutter von Champollion gelähmt und unheilbar krank, doch ein Zauberer mit Namen Jacquou konnte die junge Frau heilen und prophezeite ihr die Geburt ihres zweiten Sohnes, eines Wunderknaben.

Und Champollion war äußerst begabt: jeden Text, den er nur einmal hörte konnte er auswendig wiederholen.

Der Vater, der eine Buchhandlung in Figeac besaß, wollte allerdings, daß sein Sohn kein Wunderkind, sondern ein guter Buchhändler werden sollte. Deswegen verbot er seiner Frau dem Jungen weiter aus der Bibel vorzulesen. Der kleine Jean François holte sich eine Bibel aus Vaters Buchhandlung und sucht Texte, die er schon auswendig kennt. Er vergleicht die gesprochene Sprache mit dem Schriftbild, vergleicht die Längen einzelner Wörter und stellte Unterschiede und Übereinstimmungen fest. Er merkt vor allem, daß in seiner Muttersprach Schrift und Aussprache micht übereinstimmen und findet die Bedeutung von Silben, Buchstaben und Wortstellungen heraus, bevor er überhaupt in Lesen und Schreiben unterrichtet wird.

Da Jean François sehr schwächlich ist, wird er nicht auf die allgemeine Schule geschickt, sondern erhält Privatunterricht. Doch schon nach kurzer Zeit holt ihn sein älterer Bruder nach Grenoble, um ihm dort eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Der ältere Bruder war von Beruf Kaufmann, wäre aber lieber Soldat in Napoleons Armee geworden, da er nach Ägypten wollte. Er war in der Armee nicht aufgenommen worden und hatte aus seiner Begeisterung für Ägypten den "Courier de l’Egypte" abonniert. In dieser Zeitschrift standen alle neuen Erkenntnisse der Wissenschaftler über Ägypten. Ein Heft dieser Zeitschrift fällt auch Jean François in die Hände und darin wird über den Stein von Rosetta berichtet und Jean François Champollion nimmt sich mit elf Jahren vor, die Hieroglyphen zu entziffern.

Er beginnt damit, Griechisch und Latein zu lernen. Bei einer Schulinspektion begegnet Jean François dem Physiker Fourier, der seine Begabung erkkennt und ihn in seinem Interesse für alles Ägyptische bestärkt. Mit zwölf lernt Jean François alle Sprachen, von denen er hofft, daß sieihm dem Ägyptischen näherbringen könnten. Er schreibt sich als Student an der Akademie der Wissenschaften in Grenoble ein. Als Fünfzehnjähriger lernt er Chinesisch, weil eine Verwandtschaft mit dem Ägyptischen denkbar scheint. Er beschäftigt sich mit dem Zendischen, mit Palavi- und Parsi-Textproben. Doch alle Studien bringen ihn eigentlich nicht weiter - bis auf seine Kenntnisse der koptischen Sprache, die ihm bei der späteren Entzifferung der Hieroglyphen helfen.

Mit 16 Jahren will Champollion nach Paris gehen. Wie jeder Schüler soll er eine Abschiedsrede halten, verfaßt jedoch ein ganzes Buch mit dem Titel "Ägypten unter den Pharaonen". Als Abschiedsrede liest er nur die Einleitung vor. Der Präsident ist begeistert und Jean François wird mit 16 Jahren Mitglied der Akademie.

Mit 19 Jahren kehrt Jean François aus Paris nach Grenoble zurück - als Professor für Geschichte an der dortigen Universität. Er betätigt sich auch politisch und verfaßt als begeisterter Anhänger Napoleons Spottlieder auf die vertriebenen Bourbonen. Seine Spottlieder werden wie Schlager in den Gassen gesungen. Doch nach Napoleons Verbannung auf Elba und der Rückkehr der Bourbonen, wird Jean François des Hochverrats angezeigt und nach Italien verbannt. Er widmet sich zwar auch in Italien seinen Studien, aber erst nach seiner Begnadigung und der Rückkehr nach Frankreich kann er wieder mit seinem eigenen Arbeitsmaterial und seinen eigenen Unterlagen arbeiten.

Die Hauptfrage lautet: Sind die Hieroglyphen eine Bilderschrift (ein Zeichen steht für einen Begriff) oder eine Buchstabenschrift (ein Zeichen steht für einen Laut)?

Dei meisten Wissenschaftler waren von einer Bilderschrift ausgegangen, was Champollion aber bezweifelt.

(Als die Hieroglyphenschrift noch nicht voll entwickelt war, gab es so etwas wie eine Bilderschrift - z.B. Narmer-Platte. Sie wurde 3100 v.Chr. geschnitten und stellt den Sieg des Pharao über seine Feinde dar. Doch für den Königsnamen hatte der Bildhauer einen genialen Einfall: er schrieb den Namen durch zwei Bilder: Fisch=Nar und Meißel=mer.)

Im Jahr 1821 kehrt Champollion mit 30 Jahren nach Paris zurück. Doch er hat dort Feinde und die Lage in der Hauptstadt ist nach den Wirren der Revolution immer noch unsicher. Außerdem ist der Stein von Rosetta mittlerweile in London ins Britische Museum gebracht worden und Champollion muß eine Kopie erbitten. Doch auch der Engländer Thomas Young beschäftigt sich mit der Entzifferung der Hieroglyphen und ist nicht daran interessiert, einem Ausländer Material für genaue Studien zur Verfügung zu stellen. Obwohl viele Hieroglyphentexte kopiert werden, wird meist ungenau gearbeitet bzw. die Originale verschwinden in Privatsammlungen reicher Leute z.B. des Engländers Bankes, der nichts veröffentlicht.

Grundsätzliche Überlegungen Champollions:

1. Tauchen in einem Hieroglyphentext mehrere Schriftzeichen in einem Oval, einer sogenannten Kartusche, auf, so handelt es sich dabei um einen Eigennamen.

2. Der Name Ptolemäus wurde schon in Hieroglyphentexten erkannt, wenngleich noch nicht genau entziffert.

Allgemeine Ansichten über die Hieroglyphen:

- Sie sind nur Dekorationsmittel.

Ù das weist Champollion zurück.

- Sie stellen eine ideografische Schrift dar (d.h. jedes Zeichen stellt ein Wort dar)

- Sie sind eine syllabische Schrift (d.h. jedes Zeichen steht für Silbe eines Wortes)

- Die einzelnen Hieroglyphen sind Zeichen für Laute.

Ù kein Forscher, der eine dieser Meinungen vertritt konnte seine Meinung beweisen. Auch Champollion kann sich ohne Beweise keiner dieser Meinungen anschließen. Er nimmt einfach bestimmte Vorraussetzungen, die ihm logisch erscheinen an und überprüft an den Ergebnissen, od die Voraussetzuzngen richtig gewesen sind:

1. Die Texte in den drei verschiedenen Schriften auf dem Stein von Rosetta haben den gleichen Inhalt.

2. Die Eigennamen in dem demotischen Text sind in lautlichen Zeichen geschrieben.

3. Daraus folgert Champollion, daß ein Name der in der einen Schrift lautlich geschrieben ist auch in der anderen lautlich geschrieben ist - also auch im hieroglyphisch geschriebenen Text.

So vergleicht Champollion wie als kleiner Junge, als er sich das Lesen beibrachte, Wortlängen und -stellungen, zählt "Buchstaben und kommt zu dem Ergebnis, daß der Stein von Rosetta 486 griechische Wörter, aber 1419 Hieroglyphen enthält d.h. die Theorie, daß jede Hieroglyphe für ein Wort oder einen Begriff steht, ist falsch, wenn die drei Texte den gleichen Inhalt haben.

Deshalb schließt sich Champollion der Theorie an, daß die Hieroglyphen Zeichen für einzelne Laute sind.

Im griechischen Text kommen 10 Personennamen vor, die Champollion von der griechischen Schreibweise in die Schreibweise des demotischen Textes und in die des Hieratischen und von dort in die entsprechenden Hieroglyphen übertragen kann. Dabei fällt auf, daß für gleiche Laute unterschiedliche Zeichen stehen können z.B. das "A" in den Namen Alexander und Arsinoe. Champollion deutet die unterschiedlichen Zeichen als Homophone (Gleichlaute) z.B: er fiel - viel; Telefon - Telephon.

In einem Papyrus, den der französische König gekauft hat, findet Champollion den Namen Kleopatra in demotischer Schrift und schreibt ihn in Hieroglyphen um. Er kennt bis dahin nur den Namen Ptolemäus in Hieroglyphen, aber als er im Januar 1822 eine Abschrift eines Obelisken aus Philae erhält, stellt er fest, daß er Kleopatras Namen richtig umgeschrieben hat. Für ihn ein Beweis der Richtigkeit seiner Thesen. Trotzdem weiß Champollion, daß er die Hieroglyphen noch nicht entziffert hat, schließlich handelte es sich bis jetzt ja nur um Eigennamen und auch nur um solche, die nicht ägyptischen Ursprungs sind.

Am 14. Sept. 1822 erhält Champollion Lithografien einer Pharaonenliste, die der englische Sammler Bankes 1818 auf einer Seitenwand des Osiristempel in Abydos entdeckt hat. Da Ramses der Große diese Liste in Stein meißeln ließ, schließt die Reihe mit seinem Namen ab.

Champollion entdeckt die Gruppe "m(e)s", die er auch aus dem koptischen kennt, was soviel wie "gebären, erzeugen" heißt. Außerdem wird in der Kartusche die Sonnenscheibe als Zeichen für den Sonnengott Re abgebildet. So kann er den Namen Ramses nicht nur entziffern, sondern auch übersetzen: Der vom Sonnengott in die Welt gegebene.

Ebenso kann Champollion den Namen Thutmosis entziffern und übersetzen:

Der Ibis als Zeichen des Gottes Thot und die Gruppe "ms" = Der von Thot in die Welt gegebene.

Auch den Titel "der von Amun Geliebte" kann Champollion entziffern. Über den Kartuschen steht zur Verdeutlichung nochmals das Zeichen von Re mit dem Zeichen der Ente, was Sohn des Re bedeutet.

Am 14. 09 1822 läuft Champollion zu seinem Bruder und ruft: " Je tiens l’affaire!" (Ich habe es raus), fällt in Ohnmacht und liegt 5 Tage im Nervenfieber.

Mit 32 Jahren schickt er einen Brief an die Academie Francaise (später unter dem Titel:"Brief an Monsieur Darcier(=seinerzeit Sekretär der Akademie) betreffend das Alphabet der phonetischen Hieroglyphen" veröffentlicht). Darin gibt er bekannt, die Namen der Pharaonen - noch nicht die gesamten Hieroglyphen -entziffert zu haben und fügt eine Liste der hieroglyphischen Zeichen und ihrer Auflösung in griechische Lautzeichen bei.

Die verwirrende Anordnung der hieroglyphen erschwert ihre Entzifferung. Da die Hieroglyphen immer auch Teil eines Gesamtkunstwerkes waren, bilden sie keine geordneten Zeilen: z.B. auf der Stele des Meki Montu steht eine Schriftzeile, doch die Hieroglyphen müssen jeweils in der Mitte beginnend einmal von rechts nach links und einmal von links nach rechts gelesen werden.

So schreibt auch Champollion in seinem Buch "Precis du système hiéroglyphique"(="Genauigkeiten des hieroglyphischen Systems")erschienen 1824: "Das Aussehen einer hieroglyphischen Inschrift ist ein wahres Chaos; nichts steht an seinem platz; es gibt keine Beziehung zum Sinn, die gegensätzlichsten Dinge sind nebeneinandergestellt und erzeugen absurde Kombination."

Zusammen mit dem Orientalisten Antoine Jean St. Martin untersucht Champollion eine Urne aus Alabaster, die eine Inschrift in Keilschrift und Hieroglyphen trägt:

In der Keilschrift sind Zeichen 2 und 6 identisch, genau wie bei den Hieroglyphen. Anhand der Keilschrift identifiziert Champollion den Namen als Xerxes und kann die Entzifferung von zwei noch fehlenden Zeichen "kh" und "sch" beweisen.

Im April 1823 kündigt Champollion an, sich den "reinen Hieroglyphen", also Schriftzeichen außerhalb der Eigennamen, zuzuwenden. Champollion findet herasu, daß zwei Drittel aller Hieroglyphen Zeichen für Laute sind. Daneben git es aber auch bildliche Zeichen für ganze Gegenstände z.B. Götter und sog. "Determinative" d.h. Zeichen, um die Bedeutung eines Wortes eindeutig zu machen z.B. steht hinter Männernamen das Bildzeichen für Mann, der gleiche Name mit dem bildzeichen für Frau ist dann ein Frauenname.

Wir wissen nicht wie die alten Ägypter die Namen ausgesprochen haben, bei bestimmten Namen hat sich eben eine Aussprache eingebürgert.

Durch seine Kenntnisse der koptischen Schrift und Sprache konnte Champollion Endungen, Verschwandtschaftsbezeichnungen und Fürwörter lesen und auch grammatikalische Strukturen erkennen.

Auch findet er, der bis jetzt nur Hieroglyphentexte aus der griechisch-römischen Zeit entziffert hat, in älteren ägyptischen Texten seine Theorie bestätigt.

Im Juli 1828 beginnt Champollions große Ägyptenreise - die erste und letzte Reise seines Lebens. Er fährt weit in den Süden zu den Tempeln Nubiens, um die dortigen Inschriften abzuzeichnen z.B. Abu Simbel. Weiter nach Philae, woher der Obelisk stammte, anhand dessen Inschrift er Kleopatra entziffern konnte, dann nach Luxor. Er besucht das Tal der Könige und das Tal der Königinnen und schließlich Kairo und die Pyramiden von Gizeh.

Nach seiner Rückkehr (Sept. 1829) wird in Paris ein Lehrstuhl für Ägyptische Altertumsforschung für ihn persönlich eingerichtet. Doch die Freude über diese Ehrung währt nur ein Jahr. Dann stirbt Champollion wahrscheinlich an einer Infektion, die er sich in Ägyptenzugezogen hat.

Zwei wichtige Bücher werden erst nach seinem Tod von seinem Bruder herausgegeben: "Ägyptische Grammatik" und "Monumente Ägyptens und Nubiens".

Viele zeitgenössische Gelehrte erkennen das Werk Champollions nicht an, nur der deutsche Wissenschaftler Wilhelm von Humboldt, würdigt ihn in seinem Vortrag "Über vier ägyptische löwenköpfige Bildsäulen in den hiesigen Antikensammlungen", den er am 24.03.1825 in der Berliner Akademie der Wissenschaften hielt.